Bohnenschmarren

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Bohnenschmarren

Letzte Woche, nach vielem Hin und Her, war es beschlossen, dass der Parademan das Abendessen bereiten würde, welches – dies war das Problem – für mich kein Abendessen darstellte, sondern einen abendlichen Imbiss, da es sich auf ein Dessert beschränkte. „Aber Lina, sowas ist manchmal das Dessert und manchmal das Hauptgericht“, erklärte er. „Wie kann eine Sache zu einer anderen werden, ohne dass sich irgendetwas ändert?“ – „Weil es ziemlich groß ist, sehr ausgiebig.

“ – „Naja, damit hast du Recht, einem derartigen Teller z.B. nach einem Schweinsbraten ins Auge zu sehen, ist nicht gerade leicht.“ Nun gut, ich ging also zum Zimmer der Küken, und rief mit ausgebreiteten Armen aus: „Kinder, heute gibt es Kaiserschmarrn zur Nachspeise!“ – „Ach ja? Und zum Abendessen gibt es was?“, wollte der Älteste wissen. „Eben dieser Kaiserschmarrn ist das Abendessen!“ – „Und was ist dann die Nachspeise?“ – „Ähm… ja… Spatz, frag den Papa, der erklärt dir das ganz genau, ja?“ Während sie fernsehend darauf warteten, dass das Abendessen – ich meine, der Imbiss – fertig wurde, ging ich in die Küche, um zu lernen, dieses leckere Dessert zuzubereiten, will sagen, das köstliche Gericht. Das Kompott ist kein Geheimnis, die Zwetschken werden in der Mitte geteilt, Zucker dazugeben, kochen lassen, dabei immer rühren, und fertig. Die Palatschinken bedürfen eines gewissen know-how, und der Parademan kann solche Dinge hervorragend machen. Der Teig ist derselbe wie bei gewöhnlichen Palatschinken, nur wird geschlagenes Eiklar untergehoben und Rosinen eingestreut. Und es sollte auch ordentlich etwas bei großer Hitze in die große und tiefe Pfanne gegeben werden; wenn die Unterseite goldgelb gebacken ist, wenden, daraufhin zerreissen und erneut wenden, bis alles mehr oder weniger vermischt ist, aber in großen Stücken. Es wird mit Staubzucker und dem Kompott serviert. So was himmlisches, hervorragend! Beim Auftragen eine weitere Überraschung: Für jeden stellte er ein Glas Milch dazu! Ich sah ihn total verblüfft an: „Aber Liebling, Milch auch für mich und für dich? Wäre nicht ein kleiner Weißwein oder meinetwegen ein Tee besser?“ – „Nein, Schatz, keinesfalls, Kaiserschmarrn, Apfelstrudel und Ähnliches werden zum Abendessen nur zusammen mit Milch serviert!“ Ich spürte, dass es zwecklos war zu argumentieren, der Parademan ist diesbezüglich sehr genau, die Dinge sind dazu da, von bestimmten Sachen umgeben zu sein, nicht von irgendwelchen; wenn du ihm ein Gulasch mit Reis oder Spaghetti vorsetzt, dann ist das ein Unglück, die Welt geht unter, Gulasch ist mit Kartoffeln, Knödel oder Semmel zu servieren oder wie unsereins sagen würde: Jedes Ding an seinem Platz, jeder Affe auf seinem Ast. Bei mir zu Hause gibt es solche Komplikationen nicht, zu geschmortem Huhn gibt es Reis und Bohnen, zu Fisch nach brasilianischer Art gibt es Reis und Bohnen, zu Zwiebelsteak gibt es Reis und Bohnen… Aber wir sind hier zehntausend Kilometer von dieser Wirklichkeit entfernt, na schön, die zerstückelten Palatschinke verzehrt man mit Milch und fertig. Ich lasse mich nicht auf diesen Streit ein, seine Welt ist nun mal diese; ich denke so bei mir während ich die Palatschinke geniesse; meine ist anders und indem einer den anderen respektiert, lieben wir uns und zwar sehr seit über zehn Jahren und die Palatschinke ist eine Wonne, die Milch tut sogar recht gut, schön kühl… am Ende des Abendessens (?) bin ich zufrieden. Dankbar gebe ich ihm einen dicken Kuss. Friedlich haben wir die Mahlzeit genossen, brav habe ich mein Glas Milch getrunken, Liebe ist eben schön.

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Tage sind vergangen. Gestern habe ich zur Abwechslung eine Feijoada zubereitet, schwarze Böhnchen, ein paar Mettwürstchen, Reis, Farofa (Maismehlbeilage), und weil ich gut drauf war, habe ich sogar eine Orange geschält und ein paar Bananen in Fett gebacken, den Tisch fein gedeckt, die Getränke in Gläser gefüllt und rufe meine Leute: „Meine Süßen, das Essen steht auf dem Tisch!“ Sie kamen angelaufen, Thadeu vorne, Thulinho, nur ein und ein halbes Jahr alt, hinterdrein stolpernd und die Beine verwechselnd, so süß! Wir setzten uns, ein jeder auf seinen entsprechenden Platz, und der Ahnungslose sagt voller Glück in falschem portugiesisch: „Das riechen aber sehr gut!“ Worauf er sein Glas und einen tiefen Schluck daraus nahm, wie es scheint mit großem Durst. Plötzlich spuckte er aus, verschluckte sich, wurde ganz rot, wischte sich den Mund mit der Serviette ab und zeigte, mich anschauend, völlig erschrocken auf das Glas und immer noch sich verschluckend: „Was war… koff, koff… war das?..koff, koff…“ Ich, die schon auf seiner Reaktion erwartet habe, mit entspannter Stimme und einem leisen Lächeln der Rache auf den Lippen, antwortet: „Cachaça* natürlich! Zu Feijoada trinkt man Cachaça, Schatz!“

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* Cachaça: Zuckerrohschnaps
Übersetzung: André Schröder