Die Wahnsinns-Brasilianerin

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Die-Wahnsinns-Brasilianerin

Zwei Freunde trinken Bier in einem österreichischen Wirtshaus. Jeder ein großes Bier in der Hand:

„Prost!“

„Prost! Erinnerst du dich noch an meinen Schulfreund, der Künstler geworden ist?“

„Meinst den, der eine Brasilianerin geheiratet hat?“

„Ganz genau den. Heast, weißt eh, der hat mich ja zum Fußballschauen zu sich heim eingeladen und, na pass auf, ich sag dir … des war a Wahnsinn …“

„Wieso das?“

„Ich bin da hingekommen, seine Frau hat mich gleich an der Tür voll abgebusselt, hat mir ein Bierglas in die Hand gedrückt, nimmt mich so am Arm und sagt nervös: «Das Spiel hat schon begonnen! Gehen wir ins Wohnzimmer.» Ununterbrochen hat sie geredet und ich hab sie gefragt, wo denn ihr Mann ist und sie sagt, er kommt gleich, er badet nur gerade die Kinder. Arg, es ist Fußballabend und er muss die Kinder baden?“

„Moderne Ehe eben …“

„Also, ich hab immer gewusst, dass er komisch ist, einer, der ein bisserl ausm Raster fällt, vastehst, aber sich eine von denen zum Heiraten suchen? I waß net … Stell dir vor: Das Haus stinkt nach Knoblauch, die essen ständig und reden die ganze Zeit durcheinander. Ich hab mich noch nicht einmal gscheit aufs Sofa gesetzt, hat sie mir schon einen Teller in die Hand gedrückt …“

„Haben die denn keinen Tisch?“

„Doch! Aber sie sagt, das ist in Brasilien so, da sitzen sie nicht am Tisch, da essen sie quasi überall, unterhalten sich gleichzeitig und schauen fern bei voller Lautstärke.“

Des gibts net! A Wahnsinn!

„Und das Essen? Du, das war ein Wahnsinn, sie hat mir gesagt, dass das Fusionsküche ist, denn es war halb Beuschel und halb irgendwas, ich weiß nicht mehr, wie sie es genannt hat…“

„Und was war’s?”

„Es war wie unser Beuschel, aber statt Sauerrahm hat sie eine Tomatensauce mit Knoblauch und Zwiebel dazu gegeben, was a Wahnsinn war!”

„Au weh! Zum Beuschel Tomatensauce mit Knoblauch? A Wahnsinn

„Die mischen alles! Und statt unseren Semmelknödeln hat sie Knödel aus Polenta mit Käse gemacht … Und an Innereien war da nur Hühnerherz dabei. Des is ka Schmäh.

„Also von Fusion hat das wohl wenig gehabt, das Gericht hat den Atlantik zu uns nicht überquert. Aber war’s gut?”

„Gut war’s, sehr gut, aber halt anders. Und das Ärgste war, wie sie mir „erklärt“ hat: «Kaká zögert, jetzt muss er die Verteidigungslinie der Koreaner durchbrechen … Schlechter Pass! Gegenangriff, Brasilien!» Komplett hysterisch und von oben bis unten in grün und gelb angezogen …“

A Wahnsinn, die Oide …

„Und nach einem Tor hat sie wahrscheinlich auch gebrüllt?

„ Gebrüllt? Nicht nur das, die Oide ist rauf auf die Couch und hat begonnen, sich als Ganzes zu schütteln! A Wahnsinn …”

„Samba?”

Ka Ahnung! Ein bei dem sich ein normaler Mensch die Hüfte auskegelt …“

„Und mitten im ganzen Trubel haben die Kinder geschlafen?“

Na, gar nicht. Die Buben haben verblüfft die Mutter angeschaut. Der Ältere hat sich ein bisschen geschämt.“

„Und dein Freund?“

„Der war ganz entspannt: «Mach dir nichts draus, sie zuckt immer so aus, wenn die Selessou Selassau …»“

Seleção.“

„Genau! «Wenn die Seleção spielt.» Sie kann aber ein Fußballspiel besser moderieren als Oliver Polzer.“

„Das ist doch gar nicht so schwierig …“

„Haha. Da hast du Recht. Während der Polzer alle zehn Minuten nur «Kaká, Kaká» gesagt hat, hat sie jede Einzelheit erklärt und kommentiert. Ich bin dagestanden wie ein Laie. Die Frau versteht mehr von Fußball als ich …“

„Haha“. Er hält das leere Krügel hoch. „Herr Ober! Noch zwei Bier, bitte!“

„ Trozdem, Frauen und Fußball passen einfach nicht zusammen. Es ist so wie Reis zum Schnitzel…“

„Würstel mit Bohnen …“

„Das passt schon zusammen. Einmal haben sie mich zum Abendessen eingeladen und sie hat Würstel mit Bohnen gemacht, es heißt so irgendwie komisch … feschada, veschida ka Ahnung, es hat aber gut geschmeckt.“

„Diese Ausländer sind a Wahnsinn.“

„Die ist aber kein Ausländer. Sie ist eine Brasilianerin. Zu einem Amerikaner oder einem Deutscher sagst du ja auch nicht Ausländer“

Na!“

„Eben! Das ist genau dasselbe. Brasilianer nennt man nicht so, vastehst? Ausländer, das sind die Türken, die Jugos, die Polen und diese ganzen Leute aus dem Osten …“

„Du meinst weiß, arm und traurig?“ (lacht)

„Genau, ungefähr so. Schau, Oida, ich bin nicht rassistisch, ich hab auch noch nie die Rechten gewählt …“

„Aber die „Rechtsliberalen“? (lacht) Am Ende geht es denen immer um dasselbe: Ausländer raus!“

Na servas … du mit deinem Multikulti-Geschwätz.“

„ Und die Afrikaner… Was sind die eigentlich?“

„Das sind keine Ausländer“, grinst er, „das sind Außerirdische.“

„Du bist a Wahnsinn!“

„Herr Ober, noch zwei! Zurück zum Thema, ich will ja nicht Lästern, aber so eine Frau tät ich nicht aushalten.“

„Na Wahnsinn, dein Freund ist ja wirklich arm …“

„Dabei wirkt er so glücklich …“

„Dann verstehen sich die zwei wahrscheinlich einfach gut …“

„Mit Sicherheit. Na heast, jetzt erzähl ich dir was. Als ich einmal einen Diamantring für meine Frau kaufen gehen wollte, hab ich ihn auf der Straße getroffen und wir sind auf einen Kaffee gegangen. Da ist mir der Kerl mit ein paar Ratschlägen gekommen, ich soll mir das Geld sparen und lieber für was anderes ausgeben. Und ich hab ihm gesagt, sie geht mir schon die längste Zeit mit dem depperten Brillantring auf den Geist, und dann sagt er drauf: «Mei Liaber, fall nicht rein auf den Blödsinn, eine Frau braucht nur zwei Dinge, zum glücklichsein: Respekt und guten Sex. Alles andere ist Zeit- und Geldverschwendung.»“

„ Echt?“

„Ja, wirklich! Er hat mir das so erklärt: «Du schenkst ihr heute einen Ring und morgen findet sie einem der sie gut durchpudert. Sie sagt baba und weg ist sie – inklusive Ring. Aber: Nur gut schnackseln und dabei schlecht behandeln geht auch nicht. Darauf ich: Wenn das nicht funktioniert? Sagte er: Dann wird es aber Zeit, mei Liaber, dass du dir eine andere suchst!“

„Und dann?“

„Ich habe den Ratschlag gründlich verifiziert. Danach hab ich mich sogar dafür entschuldigt, dass ich ihr keinen Ring mitgebracht hab. Und weißt du, was sie gesagt hat?“

Wos?“

„«Aber geh, das ist doch überhaupt nicht wichtig! Vergiss es…» Und seither hat sie nie wieder darüber gesprochen.“

A Wahnsinn!“

„Echt a Wahnsinn!“

P.S: Diese kurze Geschichte basiert auf die Übersetzungen von Studenten der Translationswissenschafts Institut der Uni Wien unter der Leitung von Dr. Alice Leal.
Tradução e revisão: Florian Dunkel, Leticia Gomes Ribeiro, Lisa Fernanda Pillinger, Magdalena Schätz, Philipp Drexler.
Revisão final: Catarina Ferreira, Leticia Gomes Ribeiro, Lisa Fernanda Pillinger, Melanie Patrizia Strasser, Petra Bevilaqua.